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Herzinfarkt

Herzinfarkt

So schützen Sie sich davor

Akute Symptome werden oft nicht ernst genommen. Experten erklären Alarmsignale und neue Therapien. Und: Tipps, was jeder zur Infarktvorsorge tun kann.

Christian Kirchmaier saß im Auto und fuhr gerade los, als sein Herz stehen blieb. Christa Reuss merkte morgens im Bett, dass etwas nicht in Ordnung war. Martin Warme war kurz in seinem Fernsehsessel eingenickt, als ein Brustschmerz ihn weckte, und Magdalena Marciniak wollte sich auf den Weg zur Arbeit machen, da fühlte sie einen schrecklichen Schmerz im Herzen. Die vier hatten Glück: Weil sie den Infarkt noch rechtzeitig bemerkten und rasch die richtige Therapie erhielten, haben sie überlebt.

Koronare Herzerkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache: 280 000 Menschen erleiden jedes Iahr einen Herzinfarkt. Fast jeder Dritte stirbt daran. Zwei Drittel aller Infarkttodesfälle ereignen sich, weil die Betroffenen nicht rechtzeitig medizinische Hilfe erhalten haben.

Beim Infarkt verstopft ein Herzkranzgefäß, sodass Teile des Herzmuskels von der Durchblutung und damit der Sauer- und Nährstoffzufuhr abgeschnitten werden. "Wird der Herzmuskel nicht ausreichend versorgt, sterben dort Zellen ab. Gleichzeitig beginnt das Herz, unkontrolliert zu zucken - dieses sogenannte Kammerflimmern kann tödlich sein", erklärt Prof. Udo Sechtern, Chefarzt der Abteilung für Kardiologie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, und ergänzt: "Die Gefahr, an einem Herzinfarkt zu sterben, ist in den ersten 60 Minuten am größten, darum ist es kolossal wichtig, sofort den Notarzt zu alarmieren." Mit einem Stromstoß vom Defibrillator kann das Flimmern schon im Rettungswagen behoben werden, bevor der Patient in der Klinik die lebensrettende Therapie erhält.

Die beste Versorgung bekommen Herzinfarktpatienten in Kliniken mit Katheterlabor. Mithilfe des Katheters öffnen die Mediziner das verschlossene Herzgefäß und setzen zur Stabilisierung eine Gefäßstütze, den sogenannten Stent, ein. "Bei der Infarktbehandlung geht es in erster Linie um Schadensbegrenzung. Die Wiedereröffnung des Gefäßes per Katheter ist die beste Therapieform. Wir setzen sie bei 95 Prozent der Patienten ein: erklärt der Kardiologe Prof. Wolfgangvon Scheidt, Chefarzt der Medizinischen Klinik des Klinikums Augsburg und Beiratsmitglied der Deutschen Herzstiftung. "Je schneller man das Gefäß wieder öffnen kann, umso mehr Muskel kann überleben. "Die größten Erfolgsaussichten bietet der Eingriff, wenn er innerhalb der ersten zwei Stunden, gerechnet von den ersten Symptomen an, stattfindet. "Inzwischen erreicht man selbst mit einer Verzögerung von bis zu drei Stunden brillante Ergebnisse."

In Städten kann mittlerweile jeder Patient in einem solchen Katheterlabor behandelt werden, in ländlichen Regionen ist die Anfahrtszeit unter Umständen manchmal zu lang." Wäre der Infarkt zu Hause auf dem Land passiert, hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt", erzählt Herzinfarktpatient Christian Kirchmaier. "Zum Glück war ich gerade in Augsburg unterwegs, als es passierte, und die Klinik war nicht weit."

Erhalten Infarktpatienten nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe, liegt das jedoch seltener an der langen Anfahrt zum Katheterlabor als daran, dass der Notarzt zu spät alarmiert wird. "Frauen kommen in der Regel später in die Notaufnahme als Männer", weiß Experte Sechtern. Ursache zum einen: Sie leben im Alter häufiger allein und haben keinen Partner, der den Arzt rufen kann. Zum anderen sind die akuten Symptome beim Mann in der Regel stärker ausgeprägt: Als typisch gelten Brustschmerzen, beispielsweise ein starkes Druckgefühl hinter dem Brustbein, ein Engegefühl im gesamten Brustkorb oder stechende sowie reißende Schmerzen, die in den Arm (häufiger links), den Hals, die Schulter, den Oberbauch oder den Rücken ausstrahlen können. Häufig kommen Atemnot, Übelkeit und Todesangst dazu.

Frauen zeigen dagegen häufiger diffuse Symptome wie Atemnot, Schwäche, Magenverstimmung und körperliche Erschöpfungszustände. "An dem Morgen, als ich meinen Herzinfarkt hatte, war ich richtig schlapp. Ich wollte zur Arbeit, hatte mich schon fertig gemacht, aber dann habe ich meinem Mann gesagt, ich schaffe das heute nicht und mich wieder hingelegt," erzählt Magdalena Marciniak. Dann kamen Schmerzen und Schweißausbrüche und ihr Mann rief den Krankenwagen. "An einen Infarkt hätte ich nie gedacht. Ich bin ja erst 36 Jahre alt."

Zur üblichen Risikogruppe zählt die junge Frau tatsächlich nicht. "90 Prozent der Herzinfarkte treten bei Menschen über 60 Jahren auf. Frauen vor der Menopause sind außerdem im Normalfall eher geschützt", sagt Kardiologe von Scheidt. "Während die Zahl der Infarkte insgesamt stetig sinkt, gibt es allerdings eine Gruppe, bei der die Herzinfarkthäufigkeit zunimmt: junge Frauen", entgegnet sein Kollege Udo Sechtern. Seine Erklärung: Immer mehr junge Frauen rauchen. Nikotinkonsum gilt als einer der wichtigsten Risikofaktoren für den Herzinfarkt, selbst Passivrauchen ist gefährlich.

Andere Risikofaktoren sind - neben dem Alter - Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, vor allem ein erhöhter LDL-Cholesterinwert, und familiäre Vorbelastung. "Hatten Vater und Mutter bereits vor dem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt, sollte man sich mit 30, spätestens 40 Jahren untersuchen lassen", sagt Sechtern. Man kann ein erhöhtes Risiko rechzeitig erkennen, wenn man regelmäßig vom Arzt die Werte von Blutdruck, Cholesterin und Blutzucker bestimmen lässt. So plötzlich, wie die Betroffenen ihn wahrnehmen, kommt ein Herzinfarkt nämlich selten.

Meist ist Arteriosklerose die Ursache: Fett- und Kalkablagerungen, die sich in den Gefäßwänden bilden und die Gefäße zunehmend verengen und dazu führen, dass der Blutfluss reduziert wird. Die Erkrankung entsteht über Jahrzehnte. "Bei einer Verengung von 70 Prozent rauscht das Blut noch durch die Gefäße. Erst bei 75 Prozent oder mehr kommt es zur Minderdurchblutung unter Belastung, sagt von Scheidt. Die Betroffenen spüren die typischen Angina-Pectoris-Schmerzen: ein Engegefühl im Brustkorb und Atembeklemmungen unter körperlicher Belastung, zum Beispiel beim Treppensteigen. "Diese Brustenge hatte ich in Abständen von drei bis sechs Monaten immer mal wieder. Mit dem Medikament Nitroglycerin verschwand der Schmerz aber sofort wieder, darum fand ich das nicht so dramatisch", erinnert sich Christa Reuss. Als die Verengung in ihren Gefäßen schließlich so stark fortgeschritten war, dass zu wenig Blut im Herzen ankam, erlitt sie einen Infarkt.

Ob eine Angina Pectoris mit Engstelle im Herzkranzgefäßsystem vorliegt, können Kardiologen mit einem Belastungs-EKG oder Ultraschall, dem sogenannten Stress-Echokardiogramm, feststellen. Die Verfahren zeigen, ob das Herz unter körperlicher Belastung - wenn es stärker durchblutet werden müsste - weniger gut versorgt wird. Sind die Ergebnisse nicht eindeutig, bringen radiologische Untersuchungen wie die Perfusions-MRT oder eine nuklearmedizinische Durchblutungsuntersuchung weitere Hinweise.

"Mit einer Computertomografie des Herzens kann man zudem die Menge des Koronarkalks bestimmen", erklärt Prof. Konstantin Nikolaou, Leitender Oberarzt am Institut für Klinische Radiologie des Universitätsklinikums München, ein weiteres Verfahren. "Kalk ist ein Zeichen der Arteriosklerose, die Gefäße junger Menschen sind in der Regel frei davon. Im Laufe des Lebens entwickeln aber die meisten Menschen eine gewisse Kalkbelastung - je höher sie ist, desto größer das Risiko, einen Herzinfarkt zu entwickeln." Die sogenannte Koronar-CT-Angiografie ermöglicht es sogar, mithilfe von intravenösen Kontrastmitteln die Gefäße im Verlauf darzustellen: "Diese Methode ist meist ausreichend genau, um höhergradige Engstellen auszuschließen," beschreibt Nikolaou das Verfahren. "Der Herzkatheter bleibt jedoch der Goldstandard für die direkte und detaillierte Darstellung der Herzkranzgefäße."

Haben die Ärzte eine Erkrankung der Herzkranzgefäße aufgrund von Arteriosklerose diagnostiziert, muss die individuelle Therapie des Patienten festgelegt werden. Rückgängig machen kann man die Krankheit zwar nicht; mit einer gesunden Lebensweise sowie Blutdruck- und cholesterinsenkenden Medikamenten lässt sich ihre Entwicklung jedoch verlangsamen.

Das zunehmende Gesundheitsbewusstsein und die Tatsache, dass immer weniger Menschen rauchen, sind dafür verantwortlich, dass hierzulande immer weniger Menschen an Herzinfarkt sterben. "Bei den 50- bis 60-Jährigen hat sich die Zahl in den letzten zwanzig Jahren sogar halbiert", sagt Udo Sechtern. Weitere wichtige Gründe sind die flächenhafte Versorgung mit Katheterlaboren, die ständige Weiterentwicklung der Katheter- und Bypasstechniken und der Diagnosemöglichkeiten von Arteriosklerose.

Während die Ärzte das schleichende Risiko, das von der Arterienverkalkung ausgeht, gut im Griffhaben, ist eine andere unberechenbare Gefahr inzwischen der häufigste Auslöser eines Herzinfarkts: Ein Arteriosklerosebeet in der Gefäßwand kann plötzlich aufbrechen, ähnlich einem Vulkan. Wie immer, wenn ein Blutgefäß verletzt wird, starten die körpereigenen Mechanismen dann zum Wundverschluss: Es bildet sich ein Blutgerinnsel, um die vermeintliche Wunde in der Gefäßinnenwand zu schließen. Dieses verstopft das Herzkranzgefäß und verursacht so einen Infarkt.

Da diese Arteriosklerosebeete, solange sie nicht aufbrechen, die Durchblutung des Herzens nicht einschränken und keine Beschwerden verursachen, bleiben sie meist unentdeckt. "Eine Sportverletzung vor drei Jahren war mein einziges Leiden. Mir ging es gut. Und dann kam plötzlich der Infarkt aus heiterem Himmel ohne jede Vorankündigung", erzählt Martin Warme. Heute stellen ein Stent und Medikamente sicher, dass das Herz des Verkäufers ausreichend versorgt wird. In der dreiwöchigen Reha, die fast allen Infarktpatienten empfohlen wird, wurde ihm klar, wie viel Glück er hatte. Warme gab das Rauchen auf, bewegt sich heute mehr und ernährt sich gesünder. "Der Infarkt hat mir gezeigt, dass das Leben jeden Tag vorbei sein kann. Seither lebe ich bewusster."

Auch Christian Kirchmaier hat aufgrund des Herzinfarkts fürs Leben gelernt: "Früher war ich ein Kontrollfreak, heute versuche ich, alles ein bisschen lockerer zu sehen. "Für die beiden hatte der Infarkt eine besondere Bedeutung: Er war der Anstoß, mit schlechten Gewohnheiten zu brechen und mehr auf ihr Herz zu hören. Dass man davon nur profitieren kann, wusste schon der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal: "Das Herz hat eine Vernunft, die der Verstand nicht kennt".

So funktionieren STENT und BYPASS

Bei der Akutversorgung des Herzinfarkts setzen Kardiologen meist einen Stent ein, um das verschlossene Gefäß zu öffnen. Ob Stent oder Bypass die bessere Therapie ist, um einen Herzinfarkt vorzubeugen, entscheiden die Ärzte bei jedem Patienten individuell.

Stent: Zunächst schieben Ärzte einen Ballonkatheter durch die Blutbahn bis an die verengte Stelle vor. Dort wird er aufgeblasen. Das Gefäß erweitert sich, das Blut kann wieder frei fließen. Um einen erneuten Gefäßverschluss zu verhindern, wird mittels Katheter ein kleines Drahtnetz (Stent) in das Gefäß eingebracht, das es offen hält.

Bypass: Der Chirurg überbrückt die Engstelle im Gefäß mit einer "Umleitung", die das Blut daran vorbeiführt. Dafür verwendet er ein körpereigenes Blutgefäß, z. B. die inneren Brustarterien oder Venen aus der Wade.

Das leistet der Motor des Menschen

Faustgroß und 350 Gramm schwer ist der Muskel, der uns am Leben hält. 60 bis 80 Mal pro Minute schlägt unser Herz und pumpt das Blut durch den Körper, versorgt ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen. Bei Anstrengung kann sich die Herzleistung auf 200 Schläge steigern. Bei Ruhe fließen 5 Liter Blut pro Minute durch unseren Körper - bei großer Anstrengung 20 Liter.

GESUNDES HERZ - WAS JEDER SELBST DAFÜR TUN KANN

Gesunder Lebensstil...

...reduziert das Bluthochdruckrisiko um ein Drittel und senkt damit die Herzinfarktgefahr. Dies zeigt eine finnische Studie. Gesund lebt demnach, wer pro Woche höchstens 50 Gramm Alkohol trinkt (circa 1/2 Liter Wein), täglich Gemüse isst und Normalgewicht hält.

Außerdem sollte dreimal wöchentlich Bewegung auf dem Plan stehen.

Regelmäßiges Training...

...bringt das Herz-Kreislauf-System in Schwung und schützt vor Übergewicht. Sport ist die einzige Möglichkeit, gefährliches Bauchfett abzubauen. Wie eine US-Studie nachweist, haben normalgewichtige Menschen mit viel Bauchfett ein erhöhtes Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu sterben. Zahlreiche Studien belegen, dass die Mittelmeerküche die Gefahr für einen Herzinfarkt deutlich reduzieren kann. Gemeint sind nicht Pizza und Pasta, sondern eine Kost mit viel Gemüse, Salat und Obst, wenig Fleisch, mehr Fisch, Oliven- und Rapsöl, Kräutern sowie Gewürzen.

Wer das Rauchen aufgibt...

...schützt nicht nur sein eigenes Herz: Laut einer Bremer Studie ist seit der Einführung des Nichtraucherschutz-Gesetzes die Zahl gefährlicher Herzinfarkte bei Passivrauchern um 26 Prozent zurückgegangen. Negativer Stress, z. B. nach einem traumatischen Ereignis, erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Nach dem großen Erdbeben in Japan im März 2011 stieg die Zahl der Krankheitsfälle drastisch.

Gründliche Zahnpflege...

...schützt das Herz, chronische Zahnfleischentzündungen fördern dagegen die Entstehung von Gefäßverkalkungen und erhöhen das Risiko von Herzkrankheiten.

Weißdornextrakt...

...stärkt das Herz und hält die Gefäße elastisch (z. B. in Drageeform wie "Crataegutt", "Crataegus Verla", "Doppelherz Weißdorn-Dragees", "Bomacorin", als Globuli von DHU, als Tropfen wie "Cralonin" oder als Herz- und Kreislauf-Tee von Sidroga oder Bad Heilbrunner).

Bild: depositphotos.com

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